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Die zehn beliebtesten Greenwashing-Tricks der Sportartikelindustrie

Für viele KundInnen ist es eine Herausforderung zu verstehen, welche Innovationen ehrliche Versuche sind, eine Marke nachhaltiger zu machen, und welche reines Greenwashing.

Sicher, viele Maßnahmen könnten der erste Schritt in eine bessere Zukunft sein. Zum Beispiel Polyester durch biobasierte Produkte zu ersetzen oder ein neues, grünes Verpackungskonzept einführen. Irgendwo muss man ja anfangen, richtig?

Leider ist dieser erste Schritt für viele große Sportmarken bereits das Ende des Weges. Wenn du einige der folgenden Schritte im Verhalten Deiner Lieblingsmarke erkennst, könnte es sich lohnen, einige Dinge zu hinterfragen:

1. Nachhaltige Materialien in einer Nebenrolle

Viele Marken lieben es, ihre Kollektionen mit Tags wie „aus nachhaltigen Materialien“, „biobasiert“ oder „recycelt“ zu kennzeichnen. Aber wenn Du die wahre Zusammensetzung ihrer Stoffe und Zusammensetzungen überprüfst, wirst du vielleicht feststellen, dass diese Materialien herkömmliche Materialien nur ergänzen. Manchmal führt kein Weg daran vorbei - High-Tech-Mittelsohlenschäume kommen ohne einen erdöl-basierten Anteil noch nicht aus, um einen Schuh optimal zu dämpfen. Wenn dein Sporthemd aber 10 % Hanf und 90 % Polyester enthält, ist es möglicherweise biobasiert, aber definitiv nicht nachhaltig.

2. Umweltfreundliches Material aus problematischer Herstellung

Recycelte oder natürliche Materialien klingen immer nach einer nachhaltigen Lösung. Was aber, wenn die Flaschensammler oder die Baumwollpflücker schlecht behandelt werden? Was, wenn Wasser verschwendet würde oder wenn der Färbeprozess giftig wäre? Bambus zum Beispiel wird zu einem immer beliebterem Textilmaterial – aber während Lyocell-Bambus organische Lösungsmittel verwendet, ist Viskose-Bambus auf schädliche korrosive Chemikalien wie Natriumhydroxid angewiesen, um den Zellstoff der Pflanze aufzulösen.

3. Nachhaltige Produktion, aber schädliche Materialien

Oder umgekehrt. Viele Marken erzählen gerne Geschichten von sozialen Projekten, die sie finanzieren. Oder sie schreiben über effiziente, wassersparende, vielleicht sogar lokale Fertigung. Wenn man sich aber die verwendeten Materialien anschaut, ist das Produkt plötzlich weit davon entfernt, „grün“ zu sein. So wie ein umweltfreundliches Material eine problematische Produktion nicht kompensieren kann, ist eine gute Produktion ohne nachhaltige Materialien nicht besonders hilfreich.

4. Lokale Montage, aber globale Beschaffung

Kunden lieben lokale Produkte. Und das wissen Marken. Oftmals platzieren sie die letzte Station ihrer Lieferkette in ihre unmittelbare Nähe, vielleicht sogar in ihre Heimatstadt. Auf diese Weise können sie behaupten, dass ihre Produkte lokal hergestellt werden - Made in EU oder Made in USA. Was aber, wenn alle Komponenten und Materialien des Produkts von weit her eingeflogen oder verschifft werden müssen? Tatsächlich kann ein Produktionsprozess sehr oft deutlich umweltfreundlicher sein, wenn das Produkt nah an den Rohstoffquellen etwa in Asien oder Südamerika hergestellt und dann als Endprodukt in ein zentrales oder regionales Lager importiert wird.

5. Lokale Produktion, aber schlechte Bedingungen

Aber selbst wenn eine Marke ihre Produkte lokal bezieht und produziert, bedeutet das nicht, dass sie dies auf nachhaltige Weise tut. Während der Versand für maximal 5 bis 10 % der CO2-Emissionen eines Produkts verantwortlich ist, kann der eigentliche Produktionsprozess je nach Kategorie bis zu 50 % und mehr verbuchen. Zum Beispiel kann eine Sporttasche, die in einer modernen taiwanesischen Fabrik hergestellt und an ein zentrales Lager in Frankreich geliefert wird, einen viel umweltfreundlicheren Fußabdruck vorweisen als eine portugiesische Tasche, die mit alten Maschinen hergestellt wird.

6. Versprechen über Versprechen

Versprechen sind günstig und im ersten Augenblick nicht überprüfbar. Deshalb sind die Nachhaltigkeitsberichte aller großen Sportmarken voll davon. „Ja, vielleicht verschmutzen wir gerade wie die Weltmeister. Aber hiermit erklären wir feierlich die folgenden ehrgeizigen Ziele...“ Ein erster Schritt? Vielleicht. Aber leider wird dieser Trick immer und immer wieder wiederholt. Es ist leicht zu behaupten, man werde ab 2025 nur noch grünen Strom verbrauchen oder 2050 klimaneutral sein. Niemand kann im Jahr 2021 das Gegenteil beweisen. Lies deshalb nicht nur die neuesten Berichte, sondern schau dir an, was deine Lieblingsmarke vor zehn Jahren versprochen hat und ziehe sie zur Rechenschaft.

7. Alles dreht sich um die Verpackung

Viele Marken sprechen gerne über ihre recycelbaren oder vielleicht sogar kompostierbaren Verpackungen. Manche etwas zu viel. Denn es könnte das einzige an ihrem Produkt (oder in seiner Umgebung) sein, das auf irgendeine nachhaltigere Weise hergestellt wurde. Sicher, die richtige Verpackung kann eine Herausforderung sein und jedes Jahr produziert die Sportindustrie Millionen Tonnen an Verpackungsmüll. Umweltfreundliches Packaging sollte aber nur ein Teil des Nachhaltigkeitskonzepts einer Marke sein.

8. Irrelevante Kollektionen und Prototypen

Der vermutlich lausigste Trick ist es, Kollektionen oder auch nur einzelne Produkte zu bewerben, die so grün wie möglich sind, letztendlich aber nur einen mickrigen Anteil (oder eher eine Ausnahme) des Portfolios darstellen. Obwohl sie mit der ganzen Marketingpower der Marke beworben werden, spielen die tatsächlichen Produktionszahlen dieser Artikel kaum eine Rolle im Gesamtumsatz der Marke - denn das Geld wird weiter mit Plastikschuhen und Plastikshirts verdient. Manche Produkte werden als Studien oder Prototypen gar nicht erst produziert.

9. Richtige Materialien, aber nicht recycelbar

Dieser Punkt ist am schwersten zu beurteilen - dennoch aber sinnvoll zu bedenken. Wenn du ein Produkt aus vielen verschiedenen recycelbaren oder biologisch abbaubaren Materialien hergestellt hast, ist es extrem schwierig, es zu recyceln oder biologisch abzubauen... zumindest für dich als Kundin oder Kunden. Unterschiedliche Materialien erfordern unterschiedliche Behandlungen, oft industrielle Kompostierung oder anaerobe Vergärung. Tatsächlich würde das nachhaltigste Produkt nur aus einem vollständig recycelbarem kompostierbarem Material bestehen - ein solches schränke aktuell aber noch oft die Produktleistung ein. Faire Hersteller übernehmen deshalb die Entsorgung deiner Produkts und unterstützen bei ihrer Wiederverwertung.

10. Nachhaltig, aber nutzlos

Aber auch wenn alle oben genannten Dinge nicht zutreffen, überleg, ob das Produkt, das du kaufen möchtest, wirklich liefert. Es ist ziemlich einfach, einen Schuh aus Recyclingpapier herzustellen. Aber erstens wirst du nicht in der Lage sein, darin ordentlich zu laufen, und zweitens brauchst du morgen schon einen neuen Schuh, weil er vermutlich schon während des ersten Laufs zerfallen ist. Viele Unternehmen launchen ökologische Produkte, die leider nicht den Erwartungen ambitionierter SportlerInnen entsprechen und daher viel zu früh auf der Deponie landen. Wichtiger wäre es hingegen, dass solche Produkte eher lange halten und sich reparieren lassen, um eine vorzeitige Produktion eines neuen Stücks zu vermeiden.

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